Nach den Demonstrationen und Protesten von Sexarbeitenden war es endlich zu Lockerungen für das Gewerbe gekommen. Zu diesem Zeit- punkt dauerte die erzwungene Arbeitslosigkeit für viele bereits in der Branche über ein halbes Jahr an. Weniger als 4 Wochen danach, kam es aus Gründen des Infektionsschutzes zum zwei- ten Komplett-Lockdown dieses Jahres – und die kleinen, aber schwer erkämpften Erfolge sind erstmal wieder dahin. Eines ist in der Coro- na-Krise durch die auffallende Ungleichbehand- lung unserer Branche mit anderen Berufen mehr als deutlich geworden: Wenn wir nicht selbst aktiv um unsere Rechte kämpfen, tut es sonst niemand. Denn Sexarbeit in Deutsch- land ist leider noch weit von einer breiten ge- sellschaftlichen und politischen Anerkennung entfernt.

Es gibt große Vorurteile, sowie einen mangeln- den politischen Willen zur Verteidigung unserer Rechte auf Sicherheit, Gesundheitsversorgung, freie Arbeitswahl und Gleichbehandlung. Die- sen Umstand müssten wir im Rahmen des Co- rona-bedingten Sexkaufverbots in Deutschland

„live“ miterleben. Mit unserem durch Spen- dengelder finanzierten Nothilfe Fonds konnten wir knapp 400 Sexarbeitenden, die in der Krise nicht arbeiten durften und irgendwie ohne Hilfe des Staates zurechtkommen mussten, mit dem Nötigsten aushelfen. Trotz hunderter weiterer Anträge, war das Geld schnell aus – ein Tropfen auf dem heißen Stein. Hier hat der Staat seine Pflicht gegenüber den Bürger*innen schlicht versäumt. Zudem finden erschreckenderweiser wieder Debatten über ein generelles Verbot der Sexar

beit, wie beim sogenannten Schwedischen Mo- dell, statt. Studien belegen, dass die Folgen ei- nes Sexkaufverbots für Sexarbeiter*innen, egal in welchen Arbeitsbereichen sie tätig sind und unter welchen Bedingungen sie arbeiten, kata- strophal sind.

Expert*innen warnen seit Jahren, dass das Schwedische Model nachweislich zur Entrech- tung von Sexarbeiter*innen führt und gleich- zeitig Ausgrenzung und die Verbreitung von Kriminalität erhöht. Menschen, die besonders prekär in der Sexarbeit arbeiten – zum Beispiel aufgrund eines irregulären Aufenthaltstatus oder fehlender Ausbildung und Armut – werden dadurch weiter in Isolation und Rechtlosigkeit gedrängt.

Der sinnvollste Weg bleibt die Entkriminalisie- rung aller Aspekte einvernehmlicher Sexarbeit und die Stärkung der Rechte und des Schutzes von Sexarbeiter*innen. Auch die Unterstützung und Vernetzung unter Sexarbeiter*innen, sowie der Ausbau und die Finanzierung von akzeptie- renden Beratungsstellen sind wichtiger denn je. Wir brauchen eine starke Vertretung unserer Interessen gegenüber der Politik in diesem

Land. Der Berufsverband erotische und sexu- elle Dienstleistungen (BesD e.V.) ist der bisher größte zu hundert Prozent von Sexarbeitenden getragene Verein seiner Art in Europa. Zu den Verbandszielen zählen die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen in der Sexar- beit, sowie die Entstigmatisierung von in der Sexarbeit tätigen Menschen. Alle, die selbst als Sexarbeiter*innen arbeiten oder gearbeitet ha- ben, können anonym und kostenfrei Mitglied werden. Unabhängig von der aktiven Teilnahme an der Arbeit des Verbandes, sorgt jedes zu- sätzliche Mitglied beim BesD dafür, dass unsere Stimme lauter wird und die Anliegen von Sexarbeitenden in Deutschland endlich ernst genom- men werden.

Wichtige Links:

berufsverband-sexarbeit.de

berufsverband-sexarbeit.de/index.php/verband/mitglied-werden/

Zum Spenden:

https://berufsverband-sexar-beit.de/index.php/wissen/besdnotfallfonds/